Call for Paper - ZfTP "Theater.Rollen"

Für die kommende Ausgabe (Frühjahr 2023) der Zeitschrift für Theaterpädagogik laden Simone Boles und Dr. Wolfgang Sting ein, Beiträge einzureichen, die das Thema „THEATER.ROLLEN“ aus theaterpädagogischer Perspektive beleuchten.

Vor dem Hintergrund der genannten Impulse (s.u. & Anhang) sucht die Redaktion Beiträge, die

  • (innovative) Positionen vorschlagen
  • Thesen aufstellen und Fragen aufwerfen
  • die den theaterpädagogischen Diskurs anregen
  • kritisch über durchgeführte Projekte reflektieren oder
  • digitale Theater-Utopien entwerfen.
  1. Dezember 2022 ist die deadline für die Einsendung der Beiträge.
    Mailadresse: simoneboles13@gmail.com

IMPULSE

Sehnsucht nach „echten Rollen“!?

Der Begriff „Theater“ löst bei vielen Kindern und Jugendlichen spontane Begeisterung aus. Sie möchten eine Rolle spielen. Am besten die Hauptrolle. Zumindest müsse die Rolle viel Text haben. Damit werfen sie den Begriff Rolle wieder auf seine ursprüngliche Bedeutung und Verwendung als Rollenfigur zurück. Rolle rückwärts? Der Begriff scheint hingegen in (theater)theoretischen Diskursen, unter Theaterlehrerinnen und Theaterpädagoginnen gegenwärtig kaum beachtet. Worin begründet sich diese Diskrepanz?

AKTUALITÄTSBEZUG

Wo steht das meist auf einem dramatischen Text basierende Rollen- und Figurentheater heute, welche Spiel- und Inszenierungsweisen jenseits einer psychologischen Darstellung bieten sich im Schultheater an? Welche Bedeutung haben soziale Rollen und Alltagsrollen als Spielimpulse? Wenn Rollenspiel nicht gleich Rollenspiel bzw. Rollentheater ist, was heißt das für die „Rollenarbeit“ im theaterpädagogischen Kontext? Der Rollenbegriff erweitert und differenziert sich kontinuierlich und hat nicht zuletzt mit der Repräsentationsdebatte der letzten Jahre gesellschaftlich an Brisanz gewonnen. In unseren komplexen Medien- und Inszenierungsgesellschaften, die die analoge und digitale Welt auszutarieren versuchen, sind wir mit multiplen Lebens- und Identitätsentwürfen konfrontiert im analogen Miteinander wie in den sozialen Medien. (Geschlechter-)Rollenzuschreibungen, Selbstinszenierungen, Authentizitätsforderungen und Bildermanipulation gehören zur jugendlichen und kindlichen digitalen Alltagswelt. Im Spannungsfeld zwischen Ich- und Rollenidentitäten, zwischen Fiktion und Wirklichkeit, spielen Selbst-Darstellungen in der analogen und digitalen Welt eine große Rolle (vgl. schon Goffman (1959) The Presentation of Self in Everyday Life).
Das Theater hat die klassische Rollen-Definition als Rollenfigur, die durch den Text und das Spieler:innen- Sein gestaltet wird, um biographische Elemente und soziale Rollen erweitert, die die Grundlage für szenische Entwicklungen und Narrative bilden. Dabei berührt sie die Diskussion um Authentizität (im Sinne von authentischer Darstellung) und Wahrhaftigkeit. „Authentizität, das gibt es nicht. Das lernt man in der Schauspielschule.“ (Devid Striesow)
Die Auseinandersetzung mit einer Rolle kann auch ein Schlüssel für transkulturelle, andere und fremde Perspektiven werden. Das performative Spiel im Kontext/Schutzraum Theater mit den unzähligen Facetten der eigenen Identitäten kann den Blick öffnen für transkulturelle Gemeinsamkeiten und das Betasten von Diversität in einer globalen Welt. Eine Rolle suchen, finden, erproben, aus ihr fallen, sie neu erfinden, mit ihr spielen bedeutet auch die Suche nach der eigenen Persönlichkeit und Wertigkeit, das Erforschen und Brechen von klischeehaften Rollenzuschreibungen, das Erspüren von erweiterten transkulturellen Rollenbildern und -möglichkeiten…

FRAGEN

  • ! Worin liegt die Ursache der Sehnsucht nach der Verkörperung einer Rolle? Ist es die Sehnsucht nach der Verwandlung in einen anderen Charakter, das Ablegen des Ichs und Hineinschlüpfen in ein Nicht-Ich? Liegt der Grund im Spannungsfeld zwischen Sich-Erproben („Probe-Handeln“) oder Eskapismus?

  • ! Brechen wir die Sehnsucht der Kinder und Jugendlichen und damit die erste, spontane Begeisterung für das Theater, indem wir Ich-Narrationen erhöhen und Rollentheater verbannen? Hat sich unbemerkt eine Priorität durchgesetzt, die biografisches Theater präferiert und das biographische Moment als einzig gültige Basis der Materialgenerierung zulässt?

  • ! Welche Bedeutung haben Rollenfindung, Rollenarbeit, Rollenträger und Rollensplitting in unseren pädagogischen Überlegungen und in unseren Probeprozessen? Wie gehen wir mit diversitätsnegierenden Rollenzuschreibungen um?

  • ! Ist gegenwärtig tatsächlich eine Abneigung gegen die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Authentizität“ und „Rolle“ festzustellen?

  • ! Ist die alte Dichotomie-Diskussion Rollentheater versus Performance noch sinnvoll oder löst sie sich auf in einem Konsens: Theatermachen in der Schule ist ein vielschichtiger sozialer Erforschungsprozess, in welchem dramatische und soziale Rollen, Alltagsfiktionalisierung, Körpertext, Selbstinszenierung, Performance u.a. erprobt und erforscht werden.

  • ! Ist der Rollenbegriff (in der Theaterarbeit) in besonderem Maße geeignet, um fluide, dynamische, grenzüberschreitende und unabgeschlossene Kulturverflechtungen in einer Migrationsgesellschaft zu thematisieren und zu zeigen?

  • ! Welche Potenziale bietet der Begriff „Rolle“ in transkulturellen Theaterprojekten?

*Style-Sheet-Info (Anhang)**Bitte unbedingt Style-Sheet (Anhang) und Eckdaten zum Textumfang (Zeichenzahl inkl. Leerzeichen) beachten: Die Länge der Beiträge zum Schwerpunktthema (Wiss. Beiträge, theoretische Erörterungen und Forschungs-/Projektkonzepte) sollte über 15.000 Zeichen nicht hinausgehen. Das entspricht etwa drei Heftseiten. Die Beiträge für das Magazin müssen kürzer sein – etwa 2500 bis max. 10 000 Zeichen. Hiermit wird ausdrücklich um die Einsendung von Abbildungen (schwarz-weiß oder in Farbe) in geeigneter Auflösung (digital) gebeten, die aber in die Zeichenanzahl mit einzurechnen sind. Ansonsten gelten die aktuellen allg. Redaktionshinweise für Autor:innen, die in jedem Heft abgedruckt sind.

CfP__ZfTP_Heft_82_Rolle.Theater.pdf (108,8 KB)
ZfTP_stylesheet_2022.pdf (31,0 KB)